Mein gelbes Hemd (2013)

 

 

 Der kräftig gelangweilte Mann mit Zigarette und engem Wanst war nicht zu übersehen, wie er sich
gebeugt auf den Zaun vor seinem Haus lehnte, seit Generationen sein Haus. Mundwinkel und Blicke
zielten in dieselbe niedere Richtung.
Ich ging auf dem sonnigen Bürgersteig vorbei und grüßte ebenso. Er grunzte ohne aufzublicken.


Er hatte unzählbare lange leere Arbeitstage hinter sich; er hatte Verwandte, die ihm in den Ohren
lagen; er hatte eine Frau, die ihm unansehnlich geworden war; eine frische Liebe würde er nicht
mehr bekommen; er hatte nichts kennengelernt, das ihm half, sich zu besinnen, stattdessen sah er
fern und trank. Und dies war seit Generationen sein Haus.
Da hatte ich unverschämtes Glück, dass er nicht einfach auf mich zutrat, angewidert mein gelbes
Hemd zerriss und mir die Fresse polierte.

 

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Das bekackte Denkmal (2013)

 

Nach einigen Tagen voller Abwechslung war ich des Morgens zwar müde, aber auch gelassen und elastisch. Auf der kurzen Rückkehr hörte ich Aussagen von Helmut Schmidt, zusammengefügt von Jürgen Roth. Die glorreichen Sätze, die Helmut Schmidt mit dem Selbstbewusstsein eines Denkmals um sich warf, machten mich weiter heiter. Dann aber sollte es dramatisch werden und dazu hatte der Verantwortliche drängende Musikimitation unter die Originaltöne geklebt.

 

Ich brach meine Rückkehr bremsend ab. In wilder Fahrt gelangte ich vor des Verantwortlichen Haus. Ich verschaffte mir umgehend Einlass. Ich trieb ihm biblisch lange Nägel durch die Hände und befestigte ihn so an seinem Schreibtisch. Ich drückte ihm einen Kopfhörer auf und schloss Tonspuren des Fernsehers an. So sollte er bleiben und nichts mehr anrichten und sein schlechtes Tun bereuen.

 

Helmut Schmidt suchte ich ebenfalls auf. Ich strich ihm tröstend über seinen alten Scheitel.

 

 

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Das Mittel ziehen (2013)

 

 

Wieder einmal gelang es mir, in einem Stück über den Flur zu marschieren, weder von Baumbestand aufgelöst, noch von reißerischen Forderungen gespalten. Ich wappnete mich und pochte im Handschuh an das verriegelte Tor. Er tat mir auf, nachdem ich eine Weile auf das Treiben der Rekruten im Hof herabgesehen hatte.

 

Er bat mich auf den Platz und das konnte ich noch annehmen.

Seinen Augen hatte er Linsen vorgelegt, die aus seinem Blick einen Strahl formten. Damit durchleuchtete er mich, aber ich ließ nur die Vorhut sehen. Seine Hände staken in eisernen Handschuhen. Den linken legte er mir abwehrend auf den Magen, den anderen schlug er auf den Tisch und begann seine Rede.

Ich hörte zu, ließ mich gelegentlich bis zum Knie in seinen Strudel ziehen.

Dann sagte ich: „Ach, mein Lieber, das ist doch ein ganz normaler Vorgang. Wir werden wie vorgesehen das Mittel ziehen.“

Ich ließ ihn noch eine Weile sprechen.